Aktuelle Stunde: Sozialer Kahlschlag in Berlin

Die Spar­maß­nah­men des Schwarz-Roten Senats tref­fen Ber­lin mit vol­ler Här­te. Dies habe ich in mei­ner Rede in der aktu­el­len Stun­de am 21.11.2024 im Abge­ord­ne­ten­haus von Ber­lin betont. Video­quel­le: rbb.

Hier der Text mei­ner Rede in vol­ler Län­ge (es gilt das gespro­che­ne Wort):


Sehr geehr­te Frau Prä­si­den­tin,
Sehr geehr­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, 
Lie­be Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner,

ich fah­re ja ger­ne Ach­ter­bahn. 

Man schraubt sich hoch und höher, stürzt schnell ab, wird hin und her geschleu­dert und schreit vor Auf­re­gung. 

Ich mag das. 

Aber 18 Mona­te am Stück mit den Men­schen in die­ser Stadt Ach­ter­bahn zu fah­ren ist unan­stän­dig.

Und Sie fah­ren auch nicht abge­bremst lang­sam wie­der, nein ihre schwarz-rote Ach­ter­bahn, ihr Haus­halt knallt mit vol­lem Kara­cho gegen die Wand.

Die Leid­tra­gen­den Ihrer Irr­fahrt sind die Ber­li­ne­rin­nen und Ber­lin. Sie haben die Erwar­tun­gen immer höher und höher geschraubt.

Mona­te­lang lau­fen Sie her­um, ver­spre­chen den Mit­ar­bei­ten­den unse­rer sozia­len Trä­ger die Haupt­stadt­zu­la­ge, um Ihnen am Ende die Tarif­er­hö­hun­gen zu strei­chen.

Sie sind 18 Mona­te mit die­sen Men­schen Ach­ter­bahn gefah­ren. Und jetzt, jetzt las­sen Sie die Men­schen, die sich tag­ein tag­aus für Ber­lin abra­ckern, ein­fach kopf­über hän­gen. Das ist unan­stän­dig.

Haupt­stadt­zu­la­ge? Pus­te­ku­chen.
Kei­ne Kür­zun­gen im Sozia­len? Pus­te­ku­chen.

Arbei­ter­wohl­fahrt, Cari­tas, Dia­ko­nie, Pari­tä­ter — all die­se Trä­ger müs­sen sich nun ent­schei­den:  Zah­len sie kei­nen Tarif oder kür­zen sie Leis­tun­gen?

Und Leis­tun­gen kür­zen, das klingt so schön tech­nisch. Das klingt so neu­tral. Nein, lie­be Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner, das trifft sie direkt. 

  • Das trifft sie, wenn die Schwan­ge­ren­kon­flikt­be­ra­tun­gen kei­ne Ter­mi­ne mehr haben. 
  • Das trifft sie, wenn die Mie­ten­be­ra­tun­gen gekürzt wer­den. 
  • Das trifft sie, wenn Sie kei­ner mehr berät, soll­ten Sie in finan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten gera­ten. 

Und als ob das noch nicht reicht, greift schwarz-rot nun auch noch den Ärms­ten der Armen in die Tasche. 

Sie ver­dop­peln die Kos­ten des Sozi­al­ti­ckets. 10 Euro monat­lich mehr. 10 Euro monat­lich — für die, die eh kaum was haben. Nur damit die Auto­fah­rer wei­ter für 10 Euro im Jahr par­ken kön­nen. 

Mit so viel Ben­zin im Blut Poli­tik gegen Arme zu machen ist ein­fach unan­stän­dig. 

Und kom­men Sie mir jetzt nicht mit: Im Ein­zel­plan 11 wur­de am wenigs­ten gekürzt. Was inter­es­siert denn die Men­schen, in wel­chem Plan eine Maß­nah­me steht? Sozi­al ist, was die Men­schen direkt betrifft und ihnen direkt hilft.

Sie füh­ren das 29-Euro-Ticket ein, um es nach weni­gen Mona­ten wie­der abzu­wi­ckeln. Auf ihre Poli­tik ist kein ver­las­sen. Das ist Poli­tik ohne Plan.

Sie ver­spre­chen neue U‑Bahnlinien. Schön die Erwar­tun­gen hoch­schrau­ben. Höher und immer höher. Aber dann geht es berg­ab gegen die Wand! 

Jetzt besor­gen Sie nicht mal mehr genü­gend neue U‑Bahn Wagen, um wenigs­tens die BVG Kri­se zu been­den. Und: Mit dem Stopp wei­te­rer Tram­li­ni­en strei­chen Sie das güns­tigs­te Ver­kehrs­mit­tel, das deut­lich schnel­ler rea­li­siert wer­den könn­te. 

Die Wahr­heit ist: Mit ihren Ach­ter­bahn­fahr­ten machen Sie eine Poli­tik gegen die Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner. Auch im Ver­kehr. 

Die Men­schen in Ber­lin wer­den das direkt zu spü­ren bekom­men, wenn sie dank Schwarz-Rot noch eine sehr lan­ge Zeit, sehr lan­ge auf die U‑Bahn war­ten.

Die Men­schen in Ber­lin wer­den das direkt spü­ren, wenn es immer gefähr­li­cher wird, am Stra­ßen­ver­kehr teil­zu­neh­men.

Kein Wun­der, dass Frau Bonde im Aus­schuss ges­tern sprach­los war.

Sehr geehr­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, 

ganz nach dem Mot­to “wer hat noch nicht, wer will noch­mal” geht die acht­zehn mona­ti­ge Ach­ter­bahn­fahrt wei­ter! 

Ver­spro­chen haben Sie: Fünf bis zehn Mil­li­ar­den Euro für den Kli­ma­schutz zu inves­tie­ren.

Doch statt zusätz­li­cher Mil­li­ar­den kür­zen sie nun im Kli­ma- und Umwelt­be­reich über 20 Pro­zent. Welch wil­de Irr­fahrt.

Sie rasie­ren das Ber­li­ner Ener­gie- und Kli­ma­schutz­pro­gramm fast um die Hälf­te. Öffent­li­che Gebäu­de sanie­ren, Tie­fen­geo­ther­mie erpro­ben — all das steht auf dem Prüf­stand. 

Wie soll Ber­lin sei­ne Kli­ma­zie­le errei­chen, wenn sie nichts dafür tun?

Und unter den Kür­zun­gen bei Grün Ber­lin wer­den unse­re Parks lei­den. Die sozia­le Infra­struk­tur steht eben nicht nur im Ein­zel­plan 11. Mehr Bäu­me und mehr Parks — die auch sau­ber sind. Nah­erho­lung für alle, auch das ist sozi­al. 

Und was der Kul­tur­se­na­tor Chia­lo für ein Schau­spiel bie­tet, ist ein ein­zi­ges Dra­ma. Und damit mei­ne ich lei­der kein Büh­nen­stück. 

Ber­tolt Brecht hat einst gesagt, “wer kämpft, kann ver­lie­ren, wer nicht kämpft, hat schon ver­lo­ren”. Sie haben sich für das nicht kämp­fen ent­schie­den. Trau­rig. Das haben die Ber­li­ner Krea­ti­ven, Kunst- und Kul­tur­schaf­fen­den nicht ver­dient. 

Erst bedan­ken Sie sich, dass laut gegen die Kür­zun­gen pro­tes­tiert wird und dann ver­ges­sen sie, sich selbst gegen die mas­si­ven Kür­zun­gen zu weh­ren. 

Was machen Sie eigent­lich beruf­lich, Herr Chia­lo?

Zumin­dest die ein­ma­li­ge Ber­li­ner Club­sze­ne soll­te Ihnen doch am Her­zen lie­gen. Aber statt Kul­tur will schwarz-rot lie­ber mit einer Auto­bahn einen der letz­ten coo­len Club und Freie Sze­ne-Ort unter Beton begra­ben. 

Sie haben Ber­lin und sei­ne Kul­tur ein­fach nicht ver­stan­den. 

Es tut mir leid, lie­ber Joe Chia­lo, Sie sind als Sena­tor geschei­tert.

Sehr geehr­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, 

um das klar­zu­stel­len: Die Koali­ti­on hat das Haus­halts­cha­os selbst ver­schul­det. Hät­ten sie einen ver­nünf­ti­gen Haus­halt auf­ge­stellt, mit einem trans­pa­ren­ten Ver­fah­ren, dann wäre das nicht pas­siert.

Finanz­se­na­tor Wese­ner und auch Finanz­se­na­tor Kol­latz haben den Haus­halt gesund wach­sen las­sen. Jähr­lich kamen etwa 700 Mil­lio­nen Euro dazu. 

Erst der von schwarz-rot ver­ant­wor­te­te Haus­halt ist um 3,4 Mil­li­ar­den im ers­ten Jahr ange­stie­gen. 

3,4 Mil­li­ar­den — fast die Sum­me, die Sie jetzt ein­spa­ren müs­sen. 

Hören Sie auf, das Mär­chen zu erzäh­len: Die ande­ren sind Schuld an dem, was sie in den letz­ten 18 Mona­ten ver­zapft haben. Sie haben die­sen Haus­halt auf­ge­stellt. Sie allein. 

Und Ja, ihr Haus­halt mit all den unge­deck­ten Schecks benö­tigt Kür­zun­gen. Aber nicht so. Ihre Ent­schei­dun­gen tref­fen alle Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner direkt.

  • Sie ver­zich­ten dar­auf, die Grund­er­werb­steu­er auf das Niveau von Bran­den­burg zu erhö­hen, anstatt die Tarif­er­hö­hun­gen an die hart arbei­ten­den Men­schen im sozia­len Bereich wei­ter zu geben.
  • Sie hal­ten wei­ter am Bau der TVO und der Sanie­rung des Schlan­gen­ba­der Tun­nels fest, anstatt mit die­sem Geld neue U‑Bahn Wagen zu beschaf­fen.
  • Sie hal­ten das Par­ken bei 10 Euro im Jahr — und grei­fen lie­ber den Men­schen monat­lich mit 10 Euro beim Sozi­al­ti­cket in die Tasche.
  • Sie stel­len lie­ber Mil­lio­nen für eine Olym­pia­be­wer­bung zur Ver­fü­gung, statt Ber­lin mit Bäu­men und Parks so umzu­bau­en, dass wir trotz stei­gen­der Tem­pe­ra­tu­ren gut leben kön­nen.
  • Sie ver­schwen­den Mil­lio­nen für ein Schein-Betei­li­gungs­ver­fah­ren zur Bebau­ung des Tem­pel­ho­fer Fel­des, statt 500 Meter wei­ter die Neue Mit­te Tem­pel­hof zu bau­en.

Das sind die fal­schen Prio­ri­tä­ten. Und das waren nur paar Bei­spie­le. Ich kann wei­ter­ma­chen: 

  • 12,5 Mil­lio­nen für NFL-Spie­le, 
  • Lohn­er­hö­hun­gen und neue Stel­len in ihren Lei­tungs­stä­ben, 
  • ein Feu­er­wehr­mu­se­um, eine Feu­er­wehr­olym­pia­de 

Ja, was denn noch alles? 

Kom­men Sie end­lich zur Ver­nunft — set­zen Sie end­lich die rich­ti­gen Prio­ri­tä­ten.

Und eine Anmer­kung zum Schluss und mit Ver­laub spre­che ich Sie direkt an, Lie­ber Regie­ren­der Kai Weg­ner:

Heu­te wäre eine Regie­rungs­er­klä­rung ange­mes­sen gewe­sen. Heu­te wäre es ange­mes­sen gewe­sen, sich nicht hin­ter Ste­fan Evers zu ver­ste­cken.  Heu­te wäre es ange­mes­sen gewe­sen, hier im Par­la­ment zu spre­chen. 

Lie­be Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner, 

sie wer­den die­se Kahl­schlag­po­li­tik direkt mer­ken. Was die­ser Senat seit 18 Mona­ten hier auf­führt, wird Ber­lin nicht gerecht.

Das ist nicht die funk­tio­nie­ren­de Stadt, die ihnen ver­spro­chen wor­den ist. 

Weder mit den Men­schen, die für Ber­lin arbei­ten. Noch mit allen Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­nern fährt man acht­zehn Mona­te lang Ach­ter­bahn. 

Und schon gar nicht, lässt man sie ein­fach hän­gen.

Vie­len Dank.